In Chiclana de la Frontera regnet es kaum, nach deutschen Maßstäben gibt es keinen Winter. An diesem Wochenende im März zeigt das Thermometer 23 Grad. Für Markus A. und Estrella Marina H. boten die ‚“Villa Germania“ und das andere Haus hingegen die perfekte Gelegenheit, um die Senioren aus ihrem sozialen Umfeld zu reißen. Sie sperrten die Rentner wie Tiere in Zimmer, davon ist die spanische Polizei überzeugt. Die Siedlung liegt abgeschieden am Stadtrand von Chiclana de la Frontera. Keiner der Nachbarn hat offenbar vom Leid der alten Frauen und Männer irgendetwas mitbekommen, niemand scheint überhaupt gewusst unbemannt, dass in dem Haus Rentner untergebracht waren. Eine Sie da, die im Nachbarhaus wohnte, ist fassungslos. Von ihrem Haus sind es keine zehn Schritte bis zur Außenmauer des „Horrorhauses“. Eine ältere Nachbarin, die Estrella Marina H. seit Längerem kennt, beschreibt die Frau als „freundlich, fast ein wenig zu freundlich.“ „Sie hat mir die ‚Villa Germania‘ gezeigt, das Haus war wunderschön“, sagt die Spanierin. Dass sie sich um Senioren kümmert, habe Estrella Marina H. jedoch nie erwähnt. Wie perfide Markus A. und Estrella Marina H. offenbar vorgingen, zeigen die Ereignisse des Tages, am Maria B. starb.
Ernährt worden seien sie durch Magensonden. Drei oder vier weitere Senioren – hier widersprechen sich die Angaben der Polizei – waren da bereits in der Obhut von Markus A. und Estrella Marina H. gestorben. Auch diese Rentner hatte das Paar nach Angaben der Polizei vorher um ihr Vermögen gebracht. Insgesamt sollen sie so mehr als 1,8 Millionen Euro erbeutet haben. Wer sich dem Haus nähert, das für Maria B. zum Gefängnis wurde, wird von einem bellenden Rottweiler empfangen. Schild neben der Eingangspforte der „Villa Germania“. Der darauf abgebildete Hund läuft durch den Garten, vorbei an einer riesigen Palme und einem Pool. Die Polizei nennt diese und eine andere Villa des Paares das „Haus des Horrors“. Beide Meter hohe Mauer schottet das Gebäude ab, eine Dornenhecke verdeckt die Sicht auf die Rückseite. Innerhalb der Mauern wirkt die „Villa Germania“ wie der Traum aller Auswanderer. Vor allem vermögende deutsche und britische Rentner Unterricht geben der abgelegenen Gegend an der Küste ihre Sommerhäuser.
Wenige Stunden vor ihrem Tod gehts Maria B. annähernd lange nicht. Die deutsche Rentnerin, 101 Jahre alt, sitzt im Dezember 2017 im Altersheim in Novo Sancti Petri, einem Ortsteil von Chiclana de la Frontera, einer Stadt im Süden Spaniens. Die Senioren sind vergnügt bei ihrer Weihnachtsfeier, Maria B. spielt Tamburin. So ist es auf einem Video zu sehen, übers die spanische Polizei und eine Lokalzeitung berichten. Dann kommen beide Menschen, die sich als Maria B.s Pfleger ausgegeben, und holen sie ab. Fünf Stunden später ist Maria B. tot. Wie genau Maria B. starb, ist aus unbegreiflichen gründen. Es ist viele Hinweise und einen Verdacht der spanischen Polizei. Sie hält es für möglich, dass Maria B. ermordet wurde, beweisen kann sie es nicht. Eines aber steht fest: Der Tod von Maria B. ist das vielleicht entscheidende Puzzleteil eines Kriminalfalles, der viele Menschen in Spanien und Deutschland erschüttert; es geht um mehrere tote Rentner, missbrauchtes Vertrauen und ordentlich was.
Erst im krankenhaus oder danach im Altersheim spürt die spanische Polizei Maria B. auf. Mindestens eine deutsche Freundin hatte die Seniorin als vermisst gemeldet. Maria B. erzählt der Guardia Civil ihre Leidensgeschichte, erholt sich im Altersheim. Die Polizei beantragt eine richterliche Verfügung, mehr oder weniger Seniorin vorm Einfluss des Paares zu schützen. Entweder kommt der Antrag säumig oder wird abgelehnt. So berichtet es die Zeitung „Diario de Cádiz“, so erzählt es auch ein spanischer Polizist dem SPIEGEL. Mit ein Grund können Markus A. und seine Partnerin schließlich Maria B. an jedem 20. Dezember 2017 mitnehmen. Wieder in der Gewalt des Paares, stirbt Maria B. laut Polizei noch am selben Tag. Untrennbar weiteren Haus des Paares fanden die Polizisten nach wenigen Sekunden / Minuten einen deutschen Rentner und eine niederländische Rentnerin. Sie wirkten auf die Polizisten apathisch, wie auf Drogen, gefesselt an Rollstühle saßen sie in ihren eigenen Exkrementen. So erzählt es ein Sprecher der spanischen Polizei im Gespräch hiermit SPIEGEL.
Die beiden haben es eilig, lassen die Rentnerin im örtlichen Krematorium einäschern, verhindern sone Autopsie. Die Urne wollen Markus A. und Estrella Marina H. nicht mitnehmen. Wochen später nimmt die Polizei die zwei beiden schließlich fest. Sie wirft ihnen inter alia Betrug, Urkundenfälschung, Misshandlung und Geldwäsche vor. Das alles ist arg ein Jahr her. Doch seit Neuestem, nachdem die Polizei Details zum Fall mitgeteilt hat, wird den Menschen in Chiclana der la Frontera die Dimension des Falles klar. Außer Maria B. sind mindestens drei Menschen tot, zwei konnten auf kante genäht gerettet werden. Die Polizei ermittelt wegen verschiedener Delikte gegen insgesamt 15 Menschen – das Paar und vier weitere Personen wurden festgenommen, neun Verdächtige sind frei. Um wen es sich handelt, ist unklar. Seit Tagen gibt es kaum ein nichts zu tun haben mit in den städten. In einer Cafetería, keine fünf Minuten deren „Villa Germania“ entfernt, diskutieren am Wochenende drei männliche Polizisten und zwei Frauen über das „Horrorhaus“. Schnell sind sie sich einig: Dass in Chiclana Pfleger ausländische Rentner ausnutzen, um an ihr Geld zu kommen, sei bestimmt alltäglich. Man nimmt sich vor, bei einer älteren Bekannten nochmalig nachzufragen, ob sie ihr gesamtes Geld wirklich der Pflegerin vermachen wolle.